Wie geht es weiter? [Eins weiter gedacht!]

Grad war wieder was in der Zeitung. Am Nürnberger Flughafen haben sich „Kleber“ auf der Startbahn festgeklebt.

Kurze Aufregung, Aufmerksamkeit, dann das juristische Procedere, und schon wieder Schnee von gestern.

Mir geht es aber nicht darum ob richtig oder falsch, was diese jungen Menschen da machen. Schon lange geht mit im Kopf herum, was ist danach?

Ich kann mir vorstellen, dass doch einige viele nach vielen solcher Aktionen aufhören. Weil sie vielleicht enttäuscht sind, dass nicht die gewünschten Ziele erreicht wurden, vielleicht auch körperlich nicht mehr weitermachen können.

Was passiert da mit diesem Menschen? Kann man da einfach abschalten, das war’s? Was bleibt im Kopf, in der Seele desjenigen?  Es muss doch eine wahnsinnige Enttäuschung sein, schließlich hatte man ein Ziel, eine ideale Vorstellung von der Zukunft. Wie schaffen sie es, weiterzugehen, wieder „normal“ weiterzuleben? -Sind selbst schuld? —

Gibt es da Unterstützung seitens der Eltern, Lehrern, des ganzen Umfelds, oder sind die froh, dass das endlich aufhört? Gibt es Profis, die sich kümmern, oder nur Anwälte, die die juristische Seite vertreten?

Auch wenn diese Taten als unsinnig, kriminell und gefährlich angesehen werden, so ist doch jeder einzelne dieser „Täter“ ein wertvoller Mensch, finde ich. Müsste man sich da nicht kümmern?

Irgendwie?

 

Selbsthelferin antwortet:

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass Menschen, die sich der „Letzten Generation“ oder „Extinktion Rebellion“ anschließen, gut organisiert und gut vernetzt sind.

Eine breite Solidaritätsbewegung steht hinter ihnen. Gemeinsam bereiten sie sich auf Aktionen vor, besprechen die Risiken und Folgen, bedenken die eigenen emotionalen Befindlichkeiten und versichern sich eine gegenseitige Verlässlichkeit. Sie werden zu Gerichtsterminen begleitet, es gibt Menschen, die Spenden sammeln, um finanzielle Unterstützung gewähren zu können und es gibt Diskussionsforen, in denen Aktionen ausgewertet und verbessert werden.

Selbst wenn der Mainstream sie abwertet, an der Pranger stellt und zu Täter*innen erklärt, geben sie nicht auf und fühlen sich auch nicht als Täter*innen. Sie sehen sich in einer Tradition, die eigentlich seit Menschengedenken existiert: Jede Bewegung, die sich gegen den Mainstream stellt, die Ungerechtigkeit, soziale Ungleichheit oder menschengemachte Klimakatastrophen nicht nur kritisiert, sondern durch spektakuläre Aktionen darauf aufmerksam macht, wurde und wird immer noch marginalisiert, kriminalisiert und verurteilt.

Eine große Solidaritätsbewegung sieht diese Menschen jedoch nicht als Täter*innen, sondern als engagierte (junge) Menschen, die wir dringend benötigen, um auf politische und gesellschaftliche Missstände aufmerksam zu machen und Änderung herbeizuführen.

 


* Unter dem Titel „Eins weitergedacht“ veröffentlichen wir auf dem kiss.blog regelmäßig Texte, in denen sich zwei Autor*innen zu einem bestimmten Thema zu Wort melden. Hier geht es um verschiedene Perspektiven: Mal Pro und Contra, mal Frage und Antwort, mal Aktion und Reaktion.

Über diemitHut

Avatar-FotoIch heiße Ingrid, gehöre zu den Ü-Achtzigern. Seit letzten Jahres bin ich alleinstehend, das ist schon gewöhnungsbedürftig. Den ganzen Tag mit der Katze reden, das ist nicht so das Wahre. Deswegen ist es wichtig für mich, den Kontakt zu meinen Freunden und Bekannten zuhalten. Über meine langjährige ehrenamtliche Tätigkeit für den Freundeskreis für Suchtkrankenhilfe fand ich zu Kiss und zum Kiss-Magazin, jetzt Blog. Ich habe schon immer gerne "gedichtet", meine -zigseitigen Aufsätze in der Schule waren legendär. Meine Geschichten haben oft einen wahren Hintergrund, andere sind einfach frei fabuliert und meine Elfchen sind oft Zwölfchen. Ich liebe meine Tochter! Ich liebe meine Katze! Ich liebe das Leben!