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Das Seepferdchen-Abzeichen

Die Einschulung stand bald bevor, und Linda war fest entschlossen, dass ihr Sohn bis dahin schwimmen lernen sollte. So von wegen Kopfkino: Die Schule macht einen Wandertag und das Kind fällt in einen Bach, oder er ertrinkt in einer Pfütze…
Es war ein warmer Frühlingstag, als der Schwimmkurs begann und Linda sich mit Jan auf den Weg ins nahegelegene Nord-Ost-Bad machte. Mit dabei waren Jans Kindergarten-Freundin Sarah und ihre Mutter.

Die beiden Kinder hatten sehr viel Spaß im Wasser, sind aber nicht einmal bis zur „Seepferdchen-Prüfung“ die geforderten 25 Meter durchgeschwommen.
Jeden Nachmittag, nachdem sie den Schwimmkurs besucht hatten, kehrte Linda mit einem leicht enttäuschten, aber dennoch hoffnungsvollen Lächeln nach Hause zurück. „Wir schaffen das schon, Jan“, sagte sie ihm immer wieder aufmunternd, „mach dir keine Sorgen, mein Schatz. Du gibst dein Bestes und das ist alles, was zählt. Wenn alle Stricke reißen, dann buchen wir einfach den Kurs noch einmal“, versuchte Linda ihn zu beruhigen.

Am Tag der Prüfung war das Schwimmbad voll von aufgeregten Kindern und noch nervöseren Eltern. Jan sah sich die anderen Kinder an, die scheinbar mühelos durchs Wasser glitten, und fühlte, wie ein Knoten in seinem Magen wuchs. Seine Mutter drückte ihm die Daumen und flüsterte: „Du schaffst das!“
Sarah sprang vom Beckenrand ins Wasser und schwamm langsam los. Jan folgte ihr mit etwas Abstand. Er schwamm los, als hätte er sein Leben lang nichts anderes gemacht. Erst überholte er Sarah, kurz darauf den nächsten Vordermann, pflügte förmlich die 25 Meter durch das Becken.

Überrascht hielt Linda den Atem an, ihre Augen fixierten jede Bewegung ihres Sohnes. Und dann geschah das Unglaubliche – Jan überwand die kompletten 25 Meter. Erschöpft, aber überglücklich, erreichte er das andere Ende des Beckens. Die Zuschauer applaudierten, und die Schwimmlehrerin überreichte ihm sofort das Seepferdchen-Abzeichen.

Linda umarmte Jan, der stolz das Abzeichen in der Hand hielt. „Was war das gerade für eine Aktion“, lachte sie „das war ja unglaublich!“ Darauf Jan: „Als ich im Wasser war, habe ich mir gedacht, bevor ich das alles noch einmal machen muss, schwimme ich jetzt lieber die ganze Bahn durch.“

Von diesem Tag an war Jan nicht mehr nur der kleine Junge, der bald eingeschult wurde. Er war der stolze Besitzer eines Seepferdchen-Abzeichens und ein Beispiel dafür, was man mit Entschlossenheit und ein bisschen Mut alles erreichen kann.

Über Ankh

Avatar-FotoHallo! Mein Name ist Ankh und ich bin nicht nur seit 17 Jahren ehrenamtlich für eine Selbsthilfegruppe tätig, sondern auch leidenschaftliche Autorin (im Moment vorrangig von gesundheitsbezogenen Themen), aber auch Malerin und Fotografin. In diesem Blog möchte ich nicht nur meine Erlebnisse teilen, sondern auch Sichtweisen, Beobachtungen und Erfahrungen weitergeben, die wir alle in unserem Leben machen dürfen. Geschichten über Menschen, Kulturen oder Traditionen zu erzählen, soll im besten Fall andere dazu inspirieren, ebenfalls offen für neue Erfahrungen zu sein.